Das Marler Marien-Hospital bietet neue Behandlungsoptionen für Patienten mit chronischer Nierenschwäche.
Rund neun Millionen Menschen in Deutschland leiden an einer chronischen Nierenkrankheit, das Risiko nimmt mit steigendem Alter merklich zu. Die Krux: Die Erkrankung verläuft schleichend. Bleibt sie zu lange unbemerkt, hat das ernste Folgen. Lange stand am Ende dann die Blutwäsche, die das Leben Betroffener stark einschränkt. Inzwischen gibt es aber hervorragende medikamentöse Therapiemöglichkeiten, die eine Dialysepflicht mitunter verhindern können. Dr. Markus Schmidt, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Marien-Hospital und Leiter des KfH Nierenzentrums in Marl, hat sich dem Schwerpunkt Nephrologie verschrieben und stand Medio Rede und Antwort.
Herr Dr. Schmidt, zunächst einmal die Frage: Was steckt eigentlich genau hinter einem Nierenleiden?
Nierenschädigungen sind oft Folgen der Volkskrankheiten Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) und der arteriellen Hypertonie (Bluthochdruck). Eine weitere große Gruppe von Erkrankungen, die eine nephrologische Betreuung notwendig machen können, sind Störungen des Immunsystems wie etwa Autoimmunerkrankungen. Problematisch ist, dass eine beginnende Schädigung der Nieren von den Betroffenen oft nicht bemerkt wird, etwa weil die Symptome der Grunderkrankungen sie überlagern. Eine Nierenschwäche kann also häufig erst durch gezielte Diagnostik festgestellt werden. Nur wenn die Ursache einer Nierenschädigung frühzeitig erkannt wird, kann ein Fortschreiten der Erkrankung aufgehalten oder verlangsamt werden.
Wie sieht diese Diagnostik aus?
Bei uns in der Klinik stehen dafür mikroskopische Urinuntersuchungen sowie weitergehende Analysen von Blutwerten zur Verfügung. Mittels einer sogenannten Immunserologie erhalten wir zudem Hinweise auf eine Autoimmunerkrankung. Im Zweifel kann eine Gewebeprobe, eine Nierenbiopsie, weiter Aufschluss geben. Aber ich möchte betonen, dass die Untersuchungen schon viel früher, beim Hausarzt, einsetzen sollten, denn mit Prävention kann man vieles bewirken.
Was bedeutet das, warum ist diese Vorsorge so wichtig?
Wird die Erkrankung nicht rechtzeitig erkannt und ist es bereits zu einem endgradigen chronischen Nierenversagen gekommen, so hilft oft nur noch eine Dialyse, die den Körper von Schadstoffen und überschüssigem Wasser befreit, oder gar eine Nierentransplantation. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 16.000 Menschen neu dialysepflichtig, davon 6500 Diabetiker aufgrund diabetesbedingter Komplikationen. Das Erschreckende: Über einen Fünfjahres-Zeitraum versterben 33 Prozent der Betroffenen an Herzkreislauferkrankungen und Infektionen, bevor die Dialysepflichtigkeit erreicht wird. Nierenfunktion erhalten bedeutet also: Lebenszeit gewinnen.
Wann sollte ich also gezielt zum Hausarzt gehen und was macht der dann?
Frühe Symptome einer Nierenkrankheit können eine vermehrte Ausscheidung von wenig gefärbtem, hellem oder gar rotem Urin, Wassereinlagerungen (Ödeme) an den Beinen, um die Augen oder am ganzen Körper sowie Bluthochdruck sein. Ein erstmals auftretender Bluthochdruck von über 140/90 mmHg oder auch ein zunehmend schwerer einzustellender Bluthochdruck können Anzeichen einer Nierenschwäche sein. Schäumender Urin beim Wasserlassen kann auf Eiweiße im Urin hindeuten. In all diesen Fällen sollte ein Hausarzt - regelmäßig - anhand von Blutwerten und Urinproben untersuchen, ob vermehrt rote Blutkörperchen da vorkommen, wo sie nicht hingehören, oder ob zu viel Eiweiß im Urin ist. Stellt der Hausarzt eine gravierende Funktionsschädigung der Niere oder eine vermehrte Eiweißausscheidung im Urin fest, überweist er zum Nephrologen.
Weshalb ist es so wichtig, dass man über die regelmäßige Vorsorge eine Nierenschwäche möglichst früh erkennt?
Weil es heute sehr gute medikamentöse Nierenersatztherapien gibt, die eine Dialysepflicht vermeiden oder zumindest um durchschnittlich mehrere Jahre hinausschieben können und so für mehr Lebensqualität sorgen. Bei zugrunde liegender Autoimmunerkrankung etwa wenden wir, wie bei der Krebstherapie auch, eine Immuntherapie mit einem ganz neuen Spektrum an Medikamenten an, die das Immunsystem wieder regulieren und Fehlfunktionen entgegenwirken. Darüber hinaus gibt es neue Medikamente, die die Nierenfunktion bei diabetischer Grunderkrankung aufrechterhalten – aber eben nur bei frühzeitiger Erkennung. Ina Fischer
Im Marien-Hospital Marl werden Nierenersatztherapien seit mehr als 35 Jahren durchgeführt. Einige Betroffenen konnten so seit mehr als 30 Jahren vor einer Vergiftung bewahrt werden. Seit 2015 ist die Klinik für Nephrologie als Schwerpunkt-Klinik der DGfN (Deutsche Gesellschaft für Nephrologie) zertifiziert. Gleichzeitig wurde erfolgreich die Zertifizierung als Zentrum für Hypertonie der DGFN erreicht.