Krebszentren des Prosper-Hospitals raten daher zu Krebsfrüherkennungsprogrammen. Eine Krebserkrankung ist für alle Betroffenen ein Schicksalsschlag, deren Diagnose das ganze Leben auf den Kopf stellt. In einem Frühstadium erkannt, sind die Heilungschancen aber bei den meisten Krebsarten hoch. Experten des Recklinghäuser Prosper-Hospitals raten deswegen zur Vorsorgeuntersuchung.Mit uns sprachen darüber Dr. Matthias Losch, Chefarzt der Gynäkologie und Leiter des Zertifizierten Gynäkologischen Krebszentrums, PD Dr. Marko Brock, Chefarzt der Urologie und Leiter der Uroonkologischen Zentrums sowie Prof. Dr. Thomas Höhler, Chefarzt der Gastroenterologie, Hepatologie und Onkologie und einer der Leiter des Darmzentrums.
Was steckt allgemein gesagt hinter der Krebsfrüherkennung?
Losch: Das Krebsfrüherkennungsprogramm in Deutschland kann jeder ab einem bestimmten Alter nutzen. Es umfasst Untersuchungen zu fünf verschiedenen Krebsarten. Dazu gehören Brustkrebs, Darmkrebs, Gebärmutterhalskrebs, Hautkrebs und Prostatakrebs. Die Kosten übernehmen die Krankenkassen, die Teilnahme ist freiwillig.
Schauen wir uns drei Bereiche mal genauer an und bleiben thematisch zunächst in der Gynäkologie: Was steckt hinter Gebärmutterhalskrebs?
Losch: Eine Gewebeveränderung bei Gebärmutterhalskrebs entsteht oft in mehreren Stufen als Folge von Virusinfektionen mit den Humanen Papillomviren (HPV), die beim Geschlechtsverkehr übertragen werden, sodass Krebsfrüherkennung hier besonders wirksam sein kann. Alle Kinder und Jugendlichen, sowohl Jungen als auch Mädchen, sollten sich zudem gegen das Virus impfen lassen – am besten zwischen dem 9. und 14. Lebensjahr, also vor dem ersten Sexualkontakt. Ab dem 20. Lebensjahr beginnt dann das Programm zur Früherkennung von Zervixkarzinomen. Der Gynäkologe untersucht dabei die inneren und äußeren Geschlechtsorgane und entnimmt einen Zellabstrich, den sogenannten Pap-Abstrich. Diese Untersuchung wird jährlich wiederholt.
Ab dem 35. Lebensjahr wird die Vorsorge um eine Untersuchung auf humane Papillomaviren (HPV-Test) ergänzt und erfolgt dann nur noch alle drei Jahre. Solange keine HPV-Infektion vorliegt, ist die Entstehung eines Zervixkarzinoms annähernd ausgeschlossen.
Von der Frauenklinik einmal weg zu den Männern: Auch Prostatakrebs gehört zu den fünf Vorsorge-Posten. Welche Vorteile bringt die Prävention hier konkret?
Brock: Prostatakrebs ist die häufigste Krebsart bei Männern. Risikofaktor ist vor allem das Alter. Sind allerdings Vater oder Bruder an Prostatakrebs erkrankt, steigt das Risiko. Männer ab dem 45. Lebensjahr können einmal jährlich eine Tastuntersuchung der Prostata durch den Enddarm vornehmen lassen. Diese Tastuntersuchung wird allerdings unterschiedlich bewertet. Ihr Vorteil ist, dass sie schnell und unkompliziert durchgeführt werden kann. Der Nachteil ist, dass die Untersuchung nicht zuverlässig ist. Nur ein Drittel der tatsächlich vorhandenen Prostatakarzinome wird so erkannt. Häufig ist der Krebs dann schon in einem fortgeschrittenen Stadium.
Wie hilft hier ein PSA-Test weiter?
Brock: Der PSA-Test, bei dem mit einer Blutprobe das prostataspezifische Antigen bestimmt wird, muss selbst gezahlt werden, da er nicht zum gesetzlichen Früherkennungsprogramm gehört. Mit einer Blutabnahme ist auch diese Untersuchung recht unkompliziert. Die Ergebnisse dauern allerdings einige Tage und bei einem auffälligen Test muss das Prozedere noch einmal wiederholt werden. Außerdem sollten Patienten wissen, dass nicht nur bösartige Tumore den PSA-Spiegel erhöhen, sondern auch eine gutartig vergrößerte Prostata oder Entzündungen. Außerdem wird der PSA-Wert leicht beeinflusst, da die Prostata zum Beispiel auf Druck reagiert. Daher kann sich der Wert durch eine vorangegangene Tastuntersuchung verändern, oder auch durch Fahrradfahren oder Geschlechtsverkehr. Allerdings kann die Untersuchung Tumore in einem frühen Stadium erkennen. Die Deutsche Gesellschaft für Urologie empfiehlt nach Aufklärung der Männer einen PSA-Test ab dem 45. Lebensjahr und eventuell auch eine Tastuntersuchung. Männern mit erblichem Risiko wird diese Untersuchung schon ab 40 empfohlen. Wichtig ist, dass man die Werte in regelmäßigen Abständen kontrolliert. Nur dann kann der Facharzt den PSA-Wert richtig einschätzen.
End- und Dickdarmkrebs ist bei Männern in Deutschland die dritthäufigste und bei Frauen die zweithäufigste Tumorerkrankung. In den letzten Jahren sind die Zahlen der Neuerkrankungen in Deutschland leicht zurückgegangen – dank erfolgreicher Früherkennungsprogramme?
Höhler: Darmkrebs entwickelt sich nicht von heute auf morgen. Häufig braucht es viele Jahre bis aus einem gutartigen Polypen ein bösartiger Tumor wird. Darmkrebs entsteht durch Veränderungen im Erbmaterial, die genetisch bedingt sind oder durch äußere Einflüsse gelenkt werden. Heute weiß man, dass man selbst vorbeugen kann: durch regelmäßige Bewegung, ballaststoffreiche und fleischarme Ernährung, Verzicht auf Nikotin, weniger Alkoholkonsums und die Teilnahme an Früherkennungsprogrammen. Hier ist derzeit die Darmspiegelung bei Männern ab 50 und bei Frauen ab 55 das Mittel der Wahl.
Auch eine Untersuchung auf nicht sichtbares Blut im Stuhl kann ergänzend bei beiden Geschlechtern ab dem 50. Lebensjahr vorgenommen werden. Häufig werden bei einer Spiegelung sogar Darmkrebsvorstufen gesehen und direkt beseitig. Patienten sollten sich von ihrem Hausarzt beraten lassen, denn in mit Darmkrebs belasteten Familien werden die Untersuchungen auch schon früher empfohlen.