Es ist keine ganze Tagestour und auch kein großer Ausflug in die weiten des Ruhrgebietes. Wer Westerholt auf kleinen Pfaden entdecken möchte, braucht dafür nur ein wenig Zeit. Mit dem Rad geht das sogar noch schneller. Wer nun denkt, man hastet bei dieser Tour von Punkt zu Punkt, hat weit gefehlt. Vielmehr könnte man die Strecke als einen „Ausflug ins Grüne“ betiteln, bei dem man Land und Leute kennenlernt.Start am Marktplatz WesterholtGestartet wird auf dem Marktplatz am Marienbrunnen. Die von Joseph Krautwald gestaltete Brunnensäule lässt das Wasser aus sechs Metern Höhe plätschern. Die Motive wurden gemeinsam mit Westerholter Bürgern ausgewählt. Unter ihnen befinden sich Spinnerin und Löwe, Hexen Änneken und der Dorfbrand sowie Herold und Kiepenkerl. Den oberen Abschluss bildet eine Marienfigur.
Durch das Dorf zum Ehrenmal
Weiter geht es durch das Alte Dorf entlang des Nordwalls zum Ehrenmal an der Martinischule. Die Wallanlage wurde 2018 umgestaltet und bietet Platz im Grünen. Der Grundstein für das Ehrenmal wurde 1935 gelegt. Ursprünglich sorgte der Fund eines 80 Tonnen schweren Findlings 1928 am Hassler Weg für den Entschluss, mit Hilfe des Steins ein Kriegerdenkmal neben dem „Alten Friedhof“ an der damaligen Kurfürstenstraße zu errichten. Noch heute ist der Findling dort als Naturdenkmal hinter dem Pfarrzentrum zu finden. Die Wahl zur Errichtung des Ehrenmals allerdings fiel später auf das Areal an der Kolpingstraße – schließlich ohne Einbeziehung des Findlings.
Entlang der Begräbnisstätten
Hinter der Martinischule, die derzeit neu entsteht, befindet sich der Zugang zur Ruhestätte Natur. Unter den Bäumen des Westerholter Waldes sind seit 2015 Urnenbestattungen in einem ca. 33 Hektar großen Gebiet möglich. Das Angebot wird gut angenommen. Auf dem Weg durch den Wald trifft man nicht nur Spaziergänger, sondern auch Angehörige, die einen Verstorbenen oder eine Verstorbene besuchen.
Die Tour geht weiter entlang des Hauptweges der Ruhestätte Natur. Nun durchquert man reinstes Waldgebiet. Immer wieder locken Sitzgelegenheiten zur Einkehr. Das Sonnenlicht schimmert durch die Baumkronen und ein Orchester von Waldvögeln spielt gerade jetzt im Frühling die wohl schönste Melodie. Es duftet nach morschem Holz und feuchtem Blütenstaub. Hier im Bestattungswald liegt Leben und Sterben so nah...
Auf Spuren der alten Safari
Eine Linkskurve führt dann aus dem Bestattungswald hinaus. Nun gelangt man auf den Pfad des alten Löwenparks. Teilweise gepflasterte Flächen zeugen noch von der Zeit, als echte Löwen ein wenig Safari-Feeling nach Westerholt brachten. Die Idee war damals zwar nicht neu, aber im Ruhrgebiet einzigartig, als am 13. August 1968 die ersten Besucher aus ihren Autos heraus Löwen, Leoparden und Geparde bestaunen konnten.
Heute ist die Zeit der Safaris lange vorbei. Wer nun durch den Wald unterwegs ist – egal ob mit dem Rad oder zu Fuß – braucht keine Angst mehr zu haben, einem Raubtier zu begegnen. Vielmehr kreuzen neue Baumzüchtungen links und rechts den Weg.
Nach drei Kilometern am Zwischenziel
Vorbei am Restaurant Löwenpark, das wir links liegenlassen, geht es schnurstracks auf die Westerholter Straße zu. Hier sollte beim Überqueren besondere Vorsicht walten, denn schnelle Autos und eine uneinsichtige Kurve bergen Gefahren. Ist die Straße aber einmal überquert, zeigt sich der Westerholter Wald von seiner schönsten Seite. Die Blätter scheinen hier viel grüner zu sein, die Vögel singen ein wenig lauter und der Wald wirkt im Ganzen viel idyllischer. Zwischen den Bäumen ist ein kleines weißes Gebäude bereits zu erkennen. Das ist das Zwischenziel der Tour.
An der nächsten Kreuzung biegen wir rechts ab und kommen an der Sieben-Schmerzen-Kapelle an. Hier auf der Bistumsgrenze von Münster und Essen finden jährlich zahlreiche Gottesdienste und Veranstaltungen statt. Dieser beliebte Haltepunkt lässt auch mich für eine Zeit verweilen. Nach ca. drei Kilometern sind wir am Zwischenziel angekommen. Eine Strecke, die man auch gut zu Fuß zurücklegen kann. Ich habe mich für das Rad entschieden.
Seit 1723 steht das Kappelchen im Westerholter Wald. Damals eine Stiftung von Henrika Johanna Christine Mathild von Aschenbroich zu Schonebeck. Sie erinnert an die Sieben Schmerzen, die Maria mit dem Leiden Christi bis zur Kreuzigung auf sich genommen hat. Nach einem Brand und Wiederaufbau 1940 und einer Grundsanierung zur Jahrtausendwende durch den Förderverein wurde die Kapelle 2001 im neuen Glanz wiedereröffnet. Betreten kann man sie bei einem Besuch nicht, aber es ist möglich, einen Blick hineinzuwerfen.
Gegenüber der Kapelle entstand die Via Matris, ein ca. 70 Meter langer Bogenweg mit mannshohen Steelen aus Granit. Bronzetafeln zeigen in sieben Stationen die biblischen Szenen und das dazugehörige Zitat aus der Bibel, das auf Marias Schmerzen verweist.
Der Rückweg vorbei am Golfplatz
Nach einer kurzen Verweilpause geht es zurück nach Westerholt. Die Westerholter Straße wird wieder überquert und entlang des Schotterweges geht es wieder zurück durch den Löwenpark. An der ersten Kreuzung biegen wir rechts ab und steuern direkt auf die ehemalige Kastanienallee zu. Jahrhunderte alte Bäume reihten sich links und rechts des Weges – bis ein Pilz sie befiel und fast alle Kastanien gefällt werden mussten. Bis die neuen Pflanzungen die Größe der alten Bäume erreichen, wird es noch viele Jahrzehnte brauchen.
Dafür haben Spaziergänger und Fahrradfahrer nun aber einen freien Blick über den Golfplatz auf die katholische Kirche St. Martinus. Links und rechts verläuft der Golfplatz. Betreten der Rasenfläche ist hier strengstens verboten. Und auch seinen Kopf sollte man schützen. Denn es ist durchaus möglich, das fliegende Golfbälle kreuzen.
Auf dem Rückweg grüßt Graf Egon
Folgt man dem Weg, kommt man wieder an der Martinischule aus. Diesmal fahren wir weiter zurück und biegen am Wegkreuz vor dem Spielplatz rechts ab. Wir befinden uns nun kurz vor dem Schloss Westerholt und haben einen wunderschönen Blick über das Wasser hinaus auf das Alte Dorf Westerholt mit seinen Fachwerkhäusern und der alten Schlosskapelle. Mit offenen Toren empfängt das Schloss Westerholt seine Besucher. Auf der rechten Seite grüßt eine Statue von Graf Egon von und zu Westerholt-Gysenberg (1910-2002) beim Vorbeifahren.
Links herum um den Schlossgraben geht es weiter zur Mühlpforte. Sie ist das Torhaus zum südlichen Eingangsbereich des Alten Dorfes und steht seit 1989 unter Denkmalschutz.
Durch einen Brand 1995 und dem jahrelangen Leerstand war die Mühlpforte in seinem Bestand gefährdet. Seit einer Renovierung 1999 erstrahlt die Pforte wieder im historischen Gesamtbild von 1922 und beherbergt nun den Knappenverein.
Kurz vor dem Ziel
Direkt hinter der Pforte geht es rechts herum den Ostwall entlang. Wir steuern auf die St. Martinus-Kirche zu und kommen wieder am Marktplatz an. Wo wir vor ca, 30 Minuten gestartet sind, ist nun unser Ziel erreicht. Wer die Tour zu Fuß zurücklegt, muss ca. 1 Stunde einplanen, plus Verweildauer. Doch die 5,8 Kilometer lohnen sich. Es gibt viel zu erkunden... Franziska Gerk